Star Wars Episode 3 – Revenge of the Sith
Obwohl sie in vielen Punkten unterschätzt wurden, entsprachen die ersten beiden STAR WARS-Prequels THE PHANTOM MENACE (USA 1999) und ATTACK OF THE CLONES (USA 2002) nicht ganz den Erwartungen des Publikums. Ein tollpatschiger Goofy-Epigone, der die bessere Variante der berüchtigten EWOKS-Kinderfilme realisierte, und die Romanze zwischen zwei talentierten Nachwuchsdarstellern, die sich jedoch auf betont kitschige Space Opera-Dialoge beschränken mussten, waren Wasser auf die Mühlen jener, die seit dreißig Jahren abwechselnd Lucas oder Spielberg, gelegentlich auch beide zusammen für den Niedergang des New Hollywood zur Rechenschaft ziehen wollen. Diese Position macht es sich entsprechend einfach, indem sie geflissentlich ignoriert, dass es bereits lange vor JAWS (USA 1976) und STAR WARS 4 - A NEW HOPE (USA 1977) Blockbuster gab. Für die Fixierung auf Einspielergebnisse und die kreative Stagnation sind in erster Linie Hollywoods mangelnde Risikobereitschaft und die Einfallslosigkeit der Studioproduzenten, die Lucas ebenfalls scharf kritisiert, verantwortlich zu machen. Als cineastisches Unternehmen gestaltet sich die STAR WARS-Saga ausgesprochen konsequent und steuert in REVENGE OF THE SITH auf ihr vorläufiges tragisches Finale zu.
Lucas scheint sich angesichts des Erfolgs der LORD OF THE RINGS-Trilogie (Neuseeland/ USA 2001-03) und des Eindrucks, dass die von ihm produzierten Videospiele wie KNIGHTS OF THE OLD REPUBLIC mittlerweile komplexer als seine eigenen Filme ausfallen, endlich wieder an seine früheren Qualitäten zu erinnern. Das Problem der Patchworkkonstruktion wurde besonders an der Rolle von Christopher Lee deutlich, der in EPISODE 3 einen kurzen Cameo absolviert. Die ausgesprochen interessante Figur des verbitterten Aristokraten und Verräters Dooku wurde nicht in den Filmen selbst, sondern über die Rollengeschichte ihres Darstellers und in den begleitenden Romanen entwickelt. Verpasste Gelegenheiten dieser Art werden in REVENGE OF THE SITH konsequent vermieden. Zu Beginn des Films laufen sämtliche Handlungsfäden der Comics, Romane und der Zeichentrickserie CLONE WARS in einer spektakulären Schlacht über dem Stadtplaneten Coruscant zusammen. In den ersten Szenen kombiniert Lucas auf originelle Weise die Ästhetik aus STAR WARS-Videospielen, in denen sich die Kamera in rasanten virtuellen Fahrten an das Bug der Raumjäger heftet, mit der Entwicklung der Charaktere, indem er die späteren Feinde Obi-Wan und Anakin als eingespieltes Team in der Tradition eines Buddy-Movies einführt.
Der monumentale Look der ersten beiden Prequels findet sich nur noch ansatzweise, stattdessen realisiert Lucas sowohl auf der ästhetischen, als auch der dramaturgischen Ebene einen reizvollen Übergang zur alten Trilogie. Die Charaktere bekommen ihre markanten Szenen auf der Leinwand und nicht erst in den Comic- und Roman-Spin-Offs. Ewan McGregor vermittelt als Obi-Wan die Enttäuschung über den Verrat seines Schülers und Freundes Anakin ausdrucksstark. Der angehende Darth Vader Hayden Christensen wirkt nicht mehr wie ein jähzorniger Teenager, sondern lässt jene Verzweiflung und Wut deutlich werden, die ihn zum etwas abrupt vollzogenen Verrat an den Jedi veranlasst. Die CGI-Animation Yodas funktioniert endlich überzeugend und bringt seine tiefe Resignation zum Ausdruck. Lediglich Natalie Portman kommt diesmal etwas zu kurz. Ihre Auftritte als Padmé beschränken sich auf die melodramatische Komponente, in diesem Metier bleibt jedoch C3PO nach wie vor ungeschlagen, der ohne weiteres auch bei Douglas Sirk spielen könnte. Tough Guy-Jedi Sam Jackson bekommt den versprochenen großen Abgang und der renommierte Theaterschauspieler Ian McDiarmid liefert als Imperator Palpatine eine der überzeugendsten Leistungen der gesamten Serie ab.
Der Ausgang der Geschichte war seit THE EMPIRE STRIKES BACK 1980 bekannt, die spannende Frage bestand darin, wie sich der Gesinnungswandel Anakins vollzieht. In dieser Hinsicht zieht Lucas noch einmal alle Register. Er akzentuiert Ambivalenzen und etabliert eine neue zentrale Motivation Vaders, die in dieser Form sich in der ersten Trilogie nicht erahnen ließ. Der dunkle Lord der Sith avanciert zur tragischen Figur. Eine Vision von Padmés Tod verleitet ihn dazu sich so stark mit der dunklen Seite einzulassen, bis seine Ängste zur self-fulfilling prophecy werden. Die Jedi erweisen sich auf Grund ihres rigiden Codex, der Anakin zur Verschleierung seiner Bezieung zu Padmé zwingt, als keine besonders große Hilfe in dieser Situation, lediglich Palpatine, hinter dessen väterlicher Fassade sich der Anführer der machthungrigen Sith verbirgt, schenkt ihm Gehör. Lucas nutzt diese Konstellation für eine nachträgliche Differenzierung der bisherigen Teile. Der Idealismus der Jedi führt zu einer selbstgefälligen Ignoranz, die deren eigenen Untergang befördert und Vaders Entscheidung für den schnellen und leichten Weg der dunklen Seite resultiert nicht mehr alleine aus Selbstgefälligkeit und Machtgier. In den Filmen lassen sich damit auch jene Schattierungen und Gauzonen erkennen, die in den Romanen schon seit einigen Jahren Einzug hielten.
Jegliche Assoziationen mit den Sternenkriegsplänen der Neokonservativen, die in der Reagan-Ära STAR WARS als Bezeichnung für ihr SDI-Programm instrumentalisieren wollten, erhalten wie andere falsche Eindeutigkeiten ebenfalls eine klare Absage. Auf Anakins aus dem realpolitischen Alltag nur allzu vertraute Bekundung, dass jeder, der nicht völlig auf seiner Seite stehe, gegen ihn sei, entgegnet Obi-Wan in dem abschließenden epischen Duell, dass es nur die Sith fertig brächten, ausschließlich in Absolutismen zu denken.
Der Teufelspakt und seine tragischen Folgen finden eine eindrucksvolle visuelle Umsetzung, die das von Schatten und dunklen Farben dominierte Ambiente als Spiegel der emotionalen Zustände der Charaktere nutzt. Lediglich die eine oder andere Anspielung im Soundtrack und ein paar gezielte déjà vus im Set Design deuten das spätere Happy-End in Episode 4 bis 6 an. Die Montage, im Gegensatz zu manchen Dialogen schon immer eine Stärke von Lucas, sorgt für eine der intensivsten Szenen der Saga, wenn in der letzten Sequenz die Geburt der Zwillinge Luke und Leia mit der Entstehung Darth Vaders gegengeschnitten wird. Als sich die bekannte Maske über das entstellte Gesicht Anakins senkt, nimmt die Kamera für einen Augenblick seine subjektive Sicht ein. Mit [revenge of the sith] gelang es Lucas seine eigene Variante des von ihm lediglich produzierten THE EMPIRE STRIKES BACK, der allgemein als bester Teil der Saga gilt, zu schaffen. Beide Filme verleihen der vergleichsweise geradlinigen Initialzündung A NEW HOPE zusätzliche Tiefe und eröffnen gleichzeitig einen faszinierenden Pulp-Kosmos der unterschiedlichsten Genrekontexte.
Die STAR WARS-Filme handeln weniger vom Ende des Kinos im Zeitalter seiner digitalen Auflösung, wie es angesichts von THE PHANTOM MENACE naheliegend erschien. Vielmehr ziehen sie alle Register einer spektakulären Kinoerfahrung, während sie gleichzeitig die entsprechenden Schnittstellen lancieren, die in anderen Medien wie Comics, Romanen und Videospielen eigenständig weiter entwickelt werden. Sie ergänzen sich sehr stimmig als Pop-Patchwork, ohne sich gegenseitig um den Effekt zu bringen. Im besten Fall dienen die Spin-Offs der Vertiefung von Nebenfiguren und der Erkundung einiger in den Filmen nur flüchtig gestreifter Schauplätze. In zwei Jahren wird das STAR WARS-Franchise den umgekehrten Weg von STAR TREK antreten und im Rahmen einer TV-Serie seine Fortsetzung finden. Die große Kinoerzählung hat Lucas zu einem eleganten und überzeugenden Abschluss gebracht. Die medialen Paralleluniversen existieren unabhängig von den Filmen weiter. Die STAR WARS-Saga hat in dieser Hinsicht nicht nur die Grenze zwischen persönlicher künstlerischer Handschrift und Blockbuster-Vermarktung, zwischen High-Brow-Sophistication und Pulp-Spektakel, sondern auch die Polaritäten zwischen dem Kino und seinen vermeintlichen Konkurrenten erfolgreich aufgelöst.