Einmal Mittelerde und zurück - Peter Jacksons Verfilmung des Lord of the Rings
THE LORD OF THE RINGS / DER HERR DER RINGE
1: The Fellowship of the Ring / Die Gefährten
2: The Two Towers / Die zwei Türme
3: The Return of the King / Die Rückkehr des Königs
Bereits 1990 erklärte Peter Jackson in einem Interview mit der
Filmzeitschrift
Splatting Image, dass er am
Drehbuch für einen Fantasy-Film arbeite. Dieser solle wie LORD OF THE RINGS
werden, gleichzeitig aber auch eine Mischung aus Monty Python und Indiana Jones
darstellen. Der zuerst genannte Einfluss sollte sich weitaus stärker auswirken,
als man es nach dem Low Budget-Splatter BAD TASTE (Neuseeland 1987), mit dem der
gemütliche Neuseeländer sein Debüt gab, hätte erwarten können. Peter Jackson
führte mit seinen nächsten Produktionen MEET THE FEEBLES (Neuseeland 1989),
einer bissigen Splattervariante der Muppets-Show, und BRAINDEAD (Neuseeland
1992) den Fun-Splatter an seinen logischen Endpunkt. Mit Jacksons Rasenmähermann
im parodistisch überzeichneten Kampf gegen eine ganze Horde Zombies, die während
einer Party sein Haus okkupieren, gelangte jene Entwicklung, die 1984 mit Sam
Raimis EVIL DEAD-Filmen begann, zu ihrem vorläufigen Abschluss. Mit den
Stilmitteln der Pythons hatte Jackson den Splatterfilm derart ins Absurde
gesteigert, dass für einige Jahre kaum mehr Filme in diesem von Extremen
geprägten Subgenre des Horrorfilms möglich erschienen.
Ein Jahrzehnt später hat sich eine Situation ergeben, die man sich damals nur
schwer hätte vorstellen können. Sowohl Sam Raimi, der sich mit SPIDER-MAN (USA
2002) wesentlich an der Renaissance der Marvel-Comicverfilmungen beteiligte, als
auch Peter Jackson avancierten in den letzten Jahren zu prägenden Regisseuren
des gegenwärtigen Mainstream-Hollywoods. Jackson hat das vor vierzehn Jahren
erwähnte Fantasy-Comedy-Drehbuch nie verfilmt. Stattdessen etablierte er sich
mit dem einfühlsamen und subtilen Drama HEAVENLY CREATURES (Neuseeland 1994) als
international angesehener Arthouse-Regisseur und orientierte sich mit der
Geistertragikomödie THE FRIGHTENERS (Neuseeland / USA 1996) erstmals vorsichtig
in Richtung Hollywood, ohne deshalb seine bevorzugten Drehorte in Neuseeland zu
verlassen. Jackson holt lieber, wie auch im Fall von LORD OF THE RINGS
(Neuseeland / USA 1999-2003) geschehen, Hollywood nach Wellington in Neuseeland,
als dass er sich selbst dorthin begeben würde.
Jacksons Begeisterung für Fantasy-Motive machten sich in seinen Arbeiten immer
wieder am Rande bemerkbar. Die Traumwelten aus HEAVENLY CREATURES könnten ohne
weiteres eine überzeugende Kulisse für eine Fantasy-Produktion abgeben und der
unheimliche Soul Collector aus THE FRIGHTENERS erinnert bereits entfernt an die
schwarzen Reiter aus der imaginären Welt von Mittelerde. In der sorgfältig
gestalteten und raffiniert konstruierten Fake-Doku FORGOTTEN SILVER (Neuseeland
1995) um einen in Vergessenheit geratenen, vom Pech verfolgten neuseeländischen
Filmpionier beschäftigte sich Jackson ironisch mit dem Filmemachen als
monumentaler Obsession. Doch in dieser melancholischen Satire war in den
gefälschten Fragmenten eines angeblich von Jackson wieder entdeckten, in
Wirklichkeit von ihm selbst inszenierten Bibelfilms über den Rahmen einer
Parodie hinaus ein Talent für epische Szenen spürbar, das über die Inszenierung
der filmhistorisch größten Masse von Zombies in Kombination mit einem gut
geölten Rasenmäher hinausging.
Die süffisante Demontage der zum Klischee geronnenen Topoi des Splatterfilms
funktionierte deshalb so gut, da Peter Jackson das Genre nicht als schlechten
Witz begriff, sondern die Ironisierung mit einer Präzision und Leidenschaft für
das Sujet betrieb, wie sie sich auch in Sam Raimis mit BRAINDEAD vergleichbaren
EVIL DEAD-Filmen (USA 1984, 1987, 1992) findet. Mit der gleichen Begeisterung
und Ernsthaftigkeit haben sich die Ikonen des Splatterkinos ihrer aktuellen
mehrteiligen Adaptionen literarischer Vorlagen angenommen. Raimi hat, nachdem er
sich mit A SIMPLE PLAN (USA 1998) und THE GIFT (USA 2001) erfolgreich in den
Genres des Neo-Noirs und des Gothic-Horros versucht hat, seinen Lieblingscomic
Spider-Man von Stan Lee und Jack Kirby kongenial umgesetzt. Jackson hingegen
adaptierte statt die vor vierzehn Jahren angedeuteten Pläne für eine
Fantasy-Komödie weiter zu verfolgen, lieber gleich sein großes literarisches
Vorbild, das über Jahrzehnte hinweg als unverfilmbar galt. Doch gerade
unverfilmbare Bücher können erst recht zu gelungenen Verfilmungen einladen, wie
zuvor bereits David Cronenberg mit NAKED LUNCH (USA 1991) und Terry Gilliam mit
FEAR AND LOATHING IN LAS VEGAS (USA 1997) demonstriert haben. Sowohl SPIDER-MAN,
als auch die dreiteilige THE LORD OF THE RINGS-Verfilmung zählen mittlerweile zu
den erfolgreichsten Filmen der letzten Jahre
Die Integration der beiden ehemaligen Splatter-Kultregisseure in den Mainstream
hatte im Gegensatz zum traurigen Schicksal ihres Vorgängers Tobe Hooper, der bei
dem Horrorfilm POLTERGEIST (USA 1982) als Strohmann für Steven Spielberg
herhalten musste, jedoch nicht zur Folge, dass sie ihren persönlichen Stil
hätten aufgeben müssen. Im Gegenteil bilden sowohl THE LORD OF THE RINGS, als
auch SPIDER-MAN eine Fortsetzung der zuvor in ihren Independent-Produktionen
erprobten Stilmittel und etablierten Thematiken. Raimi kann, wenn er Spider-Man
durch die Straßenschluchten von New York folgt, die zu EVIL DEAD-Zeiten noch
gemeinsam mit den Coen Brüdern auf einem wackligen Schiebebrett realisierten
Kamerafahrten mittlerweile mit ausgefeilter Tricktechnik realisieren und Peter
Jackson findet in THE LORD OF THE RINGS immer wieder Anknüpfungspunkte zum
Horrorkino.
Auf den ersten Blick wecken die aktuellen Karriereschritte Jacksons und Raimis
Erinnerungen an die Aufwertung ehemaliger B-Movie-Genres durch die New
Hollywood-Wonderkids Steven Spielberg und George Lucas, die mit INDIANA JONES
(USA seit 1981) und STAR WARS (USA seit 1977) Abenteuer- und
Science-Fiction-Filme, sowie das geschmähte Format des Sequels auf die A-Liste
der Studios beförderten. Doch die Etablierung von Jackson und Raimi als
eigenständige Größen im Mainstream geht noch einen Schritt weiter. Sie setzen in
Big Budget-Produktionen jenen Prozess fort, der vor einigen Jahren mit den
Arbeiten von Tim Burton, Kevin Smith und Quentin Tarantino begann. Mit
SPIDER-MAN und THE LORD OF THE RINGS haben die Geeks die Kontrolle über die
Produktionsmittel erlangt. Die zuvor konträren Rollenmodelle Fan (in der
ausgedehnten Skala von Connaisseur bis Nerd) und zuverlässiger Professional
bilden keinen Widerspruch mehr und die in der Postmoderne ausgegebene Devise der
Auflösung zwischen High- und Pop-Culture wird als Selbstverständlichkeit
behandelt. Eine ähnlich obsessive Begeisterung für die bearbeitete Materie kennt
man zwar auch aus vorangegangenen Generationen von Filmemachern, doch diese
bewegte sich immer noch im Rahmen der in bildungsbürgerlichen Kreisen
vorherrschenden Kulturvorstellungen. Mit Peter Jackson, Kevin Smith, und dem
DAREDEVIL (USA 2003)-Regisseur Mark Steven Johnson haben die immer an der Grenze
zur Nerdigkeit agierenden Comicfreaks und Fantasy-Experten, die früher lediglich
als Berater ohne kreatives Mitspracherecht herangezogen worden wären, die
Regiestühle millionenschwerer Hollywood-Produktionen erobert. In den aktuellen
Marvel-Verfilmungen von Raimi, Johnson und Bryan Singer werden die Vorlagen aus
der Autorenwerkstatt des Zeichners und Autors Stan Lee mit der gleichen
Sorgfalt, Komplexität und Liebe zum Detail umgesetzt wie man es sonst nur von
den Adaptionen etablierter Literaturklassiker kennt. Und auch Peter Jackson hat
für sein im Laufe von sieben Jahren realisiertes Großprojekt die einzig
vernünftige Perspektive eingenommen. Er verfilmte das in Zusammenarbeit mit
seiner Frau Fran Walsh und der Tolkienkennerin Philippa Boyens verfasste
Drehbuch so, wie er es selbst als Fan gerne auf der Leinwand sehen würde.
Natürlich klingen Äußerungen dieser Art verdächtig nach geschickt lancierten
kulturindustriellen Strategien, die denkbare Widersprüche mit emotionalen
Statements und demonstrativer Leidenschaft aushebeln sollen. Doch das ändert
nichts an der Tatsache, dass sich in diesen Fällen ein Paradigmenwechsel
abzeichnet, der im filmjournalistischen Bereich seine Entsprechung im Erfolg der
Geeks von Internetseiten wie Ain`t-It-Cool-News und Dark Horizons findet. Peter
Jackson verbreitete Neuigkeiten von den Dreharbeiten zu THE LORD OF THE RINGS
mehrfach über den texanischen News- und Nerd-Guru Harry Knowles, seit acht
Jahren Chefredakteur der von ihm und einigen anderen Geeks betreuten
Ain't-It-Cool-News-Seiten. Ob es sich dabei um eine besonders raffinierte Form
der Promotion oder den aus einer gemeinsamen Leidenschaft für die Materie
motivierten Austausch von Fan-Obsessionen handelt, lässt sich im Vergleich zu
traditionellen Marketing-Kampagnen nicht mehr klar erkennen. Knowles besuchte
Jackson am Set zu THE LORD OF THE RINGS in Neuseeland und umgekehrt beantwortete
Jackson exklusiv Fragen der Leser von Ain't-It-Cool-News, die Knowles zuvor
sammelte und per Mail an ihn schickte. So erklärte Jackson, welche Abweichungen
von der literarischen Vorlage sinnvoll wären und welche Themen ihm wichtig
erschienen. Die Berichterstattung und Kolumnen auf Ain't-It-Cool-News erscheinen
als eine zuvor kaum praktizierte Kombination aus Journalismus und Fanclub, wie
sie mittlerweile von zahlreichen Internet-Seiten realisiert wird. Eine ähnliche
Haltung findet sich bei Regisseuren wie Peter Jackson selbst. Der energische
Fan, der es versteht den Zuschauern, wie auch zuvor seinem Ensemble die
Begeisterung für die Fantasy-Welt von Mittelerde zu vermitteln, und die
aufwändige Vermarktungsstrategie, bei der Authentizität eines der
Schlüsselwörter bildet, lassen sich nicht mehr klar voneinander trennen.
Die Versuche den ausufernden Roman The Lord of the Rings zu verfilmen reichen
bis in die Zeit seiner Erstveröffentlichung zurück. In den 1970er Jahren
versuchte John Boorman vergeblich eine Realverfilmung auf die Beine zu stellen,
aus deren Vorbereitung sich die König Artus-Aufbereitung EXCALIBUR (GB 1981)
ergab. Ralph Bakshi konnte 1978 zumindest die erste Hälfte der Geschichte als
einen visionären, aber dramaturgisch auch etwas unausgewogenen Zeichentrickfilm
umsetzen. Peter Jacksons geschickter Coup bestand darin alle drei Bücher der
Trilogie THE FELLOWSHIP OF THE RING, THE TWO TOWERS und RETURN OF THE KING
parallel zu verfilmen. Bakshi, der mit Anarcho-Comicfilmen wie FRITZ THE CAT
(USA 1971) und HEAVY TRAFFIC (USA 1973) bekannt wurde, konnte den zweiten Teil
seiner ambitionierten Verfilmung nie realisieren. Stattdessen initiierte der
damalige Produzent eine kinderfreundliche japanische Zeichentrickumsetzung des
dritten Teils RETURN OF THE KING (Japan 1980), die gar nicht erst in die Kinos
kam, sondern lediglich im amerikanischen und japanischen Fernsehen ausgestrahlt
wurde.
Nicht einmal die seit den frühen 1980er Jahren realisierten
Videospiele-Umsetzungen kamen über den zweiten Roman heraus. Im Fall der
Text-Adventures der Firma Melbourne House aus den Achtziger Jahren kam der
dritte Teil fast völlig unbemerkt lediglich in den USA heraus und die
Rollenspiel-Adaption für die Super Nintendo-Konsolen wurde wie die
Zeichentrickverfilmung nach der Veröffentlichung des Spiels zu THE TWO TOWERS
eingestellt. Peter Jackson realisierte den Hauptteil der Dreharbeiten zu allen
drei, über den Zeitraum von zwei Jahren veröffentlichten Filmen parallel.
Letztendlich konnte er mit seiner Verfilmung, die einen in sich geschlossenen
langen Film von zwölf Stunden Dauer darstellt, nicht nur das Publikum und die
dem Genre gegenüber nicht immer freundlich gestimmte Kritik begeistern, sondern
auch die übermäßig kritischen Tolkien-Anhänger. Obwohl der fertige Film deren
Ansprüchen weitgehend gerecht wurde, nahmen Fran Walsh, Philippa Boyens und
Peter Jackson einige Veränderungen am Plot des Romans vor, die der Geschichte
zusätzliche Intensität verleihen und sie in dramaturgischer Hinsicht
interessanter, spannender und emotional stimmiger als das Buch erscheinen
lassen. Tolkiens Romane verfügen häufig über den Charme eines ausufernden
Rollenspielsystems, insbesondere das posthum veröffentlichte Silmarillion liest
sich retrospektiv wie eines der ersten Rollenspiel-Sourcebooks, in denen ohne
eine stringente Dramaturgie die Mythologie, das Personal und die Topographie
einer imaginären phantastischen Welt bis ins Detail beschrieben werden. Auf
Grundlage dieses Patchworks kann anschließend jeder Spielleiter seiner Phantasie
freien Lauf lassen und für seine Gruppe Abenteuer nach seinem eigenen Geschmack
zusammensetzen. Obwohl der 1954 publizierte The Lord of the Rings und das Ende
der 1930er Jahre veröffentlichte Prequel The Hobbit weitaus deutlicher als die
Schriften aus dem Nachlass einer erkennbaren Dramaturgie folgen, liegt der
Schwerpunkt der Erzählung auf der detailverliebten Schilderung der Welt von
Mittelerde, für die der hauptberufliche Professor für englische Philologie ganze
eigene Kulturen und Sprachen erfand. Die Ausgestaltung der Charaktere und ein
dramaturgisch stimmiges Arrangement des Plots kamen dabei etwas zu kurz. Die
Geschichte bleibt im Film im wesentlichen die gleiche wie im Roman.
Glücklicherweise hält sich Peter Jackson dabei nicht allzu lange mit der im Buch
auf zweihundert Seiten ausgebreiteten Hutzel-Putzel-Biedermeier-Welt der Hobbits
auf. Frodo (Elijah Wood), ein Vertreter dieses in einer biederen
Schrebergartenidylle lebenden Zwergenvolks, muss den von seinem Onkel Bilbo (Ian
Holm) während einer abenteuerlichen Reise gefundenen Ring der Macht in den
Feuern des Schicksalsberg im Schattenreich Mordor vernichten. Von seiner Mission
hängt die Zukunft des von Elben, Zwergen, Orks und Menschen bewohnten
vorzeitlichen Fantasykontinents Mittelerde ab. Der zurückgekehrte Geist des
dunklen Herrschers Sauron, ein gefallener Engel in Paradise Lost-Tradition,
dessen Erscheinung sich vorerst noch auf ein überdimensionales rotes Auge
beschränkt, könnte mit Hilfe des mehrere tausend Jahre zuvor von ihm
geschmiedeten Rings die Macht über die gesamte Welt ergreifen. Während er
unterstützt von dem verräterischen Zauberer Saruman (Christopher Lee) die
Königreiche Rohan und Gondor in Gefechte mit seinen Orkarmeen und den
geisterhaften schwarzen Reitern verwickelt, soll Frodo im Auftrag einer Allianz
von Elben, Zwergen und Menschen unbemerkt einen Weg nach Mordor finden und dort
den Ring zerstören. Die Vernichtung des Rings würde auch den Untergang Saurons
besiegeln. Acht Gefährten, bestehend aus dem Zauberer Gandalf (Ian McKellen),
dem inkognito als Waldläufer umherstreifenden Thronerben Aragorn (Viggo
Mortensen), dem loyalen Butler Sam (Sean Astin), dem auf Comic Reliefs
abonnierten Hobbit-Duo Merry (Dominic Monaghan) und Pippin (Billy Boyd), dem
wendigen Elb Legolas (Orlando Bloom), dem mürrischen Zwerg Gimli (John-Rhys
Davies) und dem innerlich zerrissenen Boromir (Sean Bean) begleiten Frodo. Nach
der Durchquerung der gigantischen Zwergenminen von Moria und dem scheinbaren
Verlust Gandalfs im Gefecht mit einem Monster aus grauer Vorzeit zerbricht die
Gemeinschaft des Rings während eines Orkangriffs. Bevor er zum Verräter werden
kann, opfert sich Borromir heldenhaft. Frodo und Sam machen sich alleine auf den
Weg nach Mordor, während sich Aragorn, Gimli und Legolas unterstützt von dem als
weißer Reiter ins Leben zurückgekehrten Gandalf diverse spektakuläre Gefechte
mit den bereits an ihrem Äußeren unschwer als Schurken identifizierbaren Armeen
der Finsternis liefern. Die zeitweise von Orks verschleppten Hobbits Merry und
Pippin machen die Bekanntschaft des Baumhirten Treebeard und können ihn und die
anderen an sprechende Bäume erinnernden Ents gegen Saruman mobilisieren.
Unterwegs ins Reich des Bösen treffen Sam und Frodo auf die Kreatur Gollum (Andy
Serkis), einen Hobbit, den der langjährige Besitz des Rings in eine
schizophrene, sowohl bemitleidenswerte, als auch unberechenbare Kreatur
verwandelt hat, deren Rolle in der Auseinandersetzung um den Ring sich noch
nicht wirklich einschätzen lässt. In dem von Orks überrannten Land Ithilien
treffen sie auf Faramir, den Bruder des verstorbenen Borormirs. Nachdem auch
dieser kurzzeitig in Versuchung gerät, den Ring als Waffe gegen den Feind
gebrauchen zu wollen, lässt er sich eines besseren belehren und schickt Frodo,
Sam und Gollum zurück auf ihren Weg nach Mordor. Der Rest der Gefährten
reaktiviert den durch einen faulen Zauber Sarumans und dessen Handlanger
Wormtongue (Brad Dourif) entmutigten König Theoden (Bernard Hill). Der Herrscher
über die Reiter von Rohan, seine Nichte Eowyn (Miranda Otto) und sein Neffe
Eomer (Karl Urban) schließen sich dem Kampf gegen die Mächte des Bösen an. In
der alten Festung von Helms Klamm kommt es zur entscheidenden Konfrontation
zwischen den Reitern von Rohan und Sarumans Ork-Armeen. Nach diesem Etappensieg
verlagert sich der Schauplatz der Handlung nach Gondor, dessen Hauptstadt Minas
Tirith zum zentralen Angriffsziel Saurons wird. Frodo und Sam folgen inzwischen
auf Gollums Anweisung hin einem alternativen Weg nach Mordor über eine entlegene
Treppe und den Gebirgspass von Cirith Ungol, auf dem ungeahnte monströse
Gefahren lauern. Während sich die Ringträger auf die letzte, alles entscheidende
Etappe ihrer Reise begeben, kommt es vor dem schwarzen Tor Mordors zur Schlacht
zwischen den von Gandalf und Aragorn angeführten Armeen der Allianz gegen die
Truppen Saurons.
Durch den Ausbau der Charaktere und die Erweiterung verschiedener
Handlungsmomente erreichen Walsh, Boyens und Jackson streckenweise eine Tiefe,
die das simple Gut-Böse-Schema des Fantasy-Genres durchbricht und bauen die
Historiensammlung des Romans zu einem Charakterdrama aus. Ian McKellen
realisiert Gandalfs Wandel vom gemütlichen grauen Harry Potter-Zauberer mit
spitzen Hut in eine in weiße Gewänder gehüllte Merlin-Figur mit zahlreichen
Nuancen. Die reichlich klischeebeladene Rolle des bis zur Selbstaufgabe treuen
Dieners Sam verwandelt Sean Astin in eine nachvollziehbare Darstellung von
Freundschaft und Loyalität. Christopher Lee, der ursprünglich als Idealbesetzung
für Gandalf galt, dann aber doch die Schurkenrolle übernahm, ist als den Mächten
des Bösen erlegener Zauberer Saruman ganz in seinem Element und erweitert seine
lange Rollengeschichte in THE LORD OF THE RINGS um eine weitere eindrucksvolle
ambivalente Figur. Andy Serkis, der dem Computer animierten, vom Ring besessenen
Gollum in zahlreichen Szenen als reale Vorlage diente und ihm seine Stimme lieh,
akzentuiert die Ambivalenz und Tragik der Figur. Mit den traditionellen
Kriterien klassischer Schauspielkunst kann man dem eindrucksvollen Zusammenspiel
zwischen seiner expressiven Darstellung und dem digitalen Effektzauber der
Techniker aus den ambitionierten WETA-Studios kaum gerecht werden. Viggo
Mortensen als Aragorn folgt weniger den etablierten Heldenkonventionen, als es
der Roman vorgibt und im Trickfilm der Fall war. Der in einer Kritik treffend
als Grunge-König bezeichnete ehemalige Waldläufer und zukünftige Herrscher von
Gondor nimmt sich seiner Aufgabe mit deutlichen Zweifeln an. Während er es in
der Vorlage gar nicht erwarten kann sein Erbe anzutreten, verfolgt ihn in
Jacksons Variante ständig die Angst er könne den gleichen Versuchungen erliegen
wie sein Vorfahre Isildur, der im entscheidenden Moment die Vernichtung des
Rings verhinderte. Für Comic Reliefs sorgen Dominic Monaghan und Billy Boyd, die
ihren immer auf der Suche nach Rauchwaren und einer zusätzlichen Mahlzeit
befindlichen Hobbits Merry und Pippin einen ausgeprägten schottischen Akzent
verliehen haben. Elijah Wood erweist sich als routinierter Hauptdarsteller, der
jedoch etwas arg häufig auf seine markanten Kulleraugen zurückgreifen muss und
dessen Abschied von seinen Freunden vor der Reise in entlegene Gefilde am Ende
der Trilogie etwas zu stark an die Abreise des außerirdischen Besuchers E.T.
erinnert. Orlando Bloom als treffsicherer Elb Legolas und der INDIANA JONES
erfahrene John-Rhys Davies als Axt schwingender, um keinen trockenen Spruch
verlegener Gimli sorgen nicht nur für den interkulturellen Austausch zwischen
Zwergen und Elben, sondern funktionieren darüber hinaus als klassisches Buddy
Movie-Duo. Angesichts seiner zahlreichen Genrerollen von PIRATES OF THE
CARIBBEAN (USA 2003) bis hin zur Schlacht um TROJA (USA 2004) scheint Orlando
Bloom, der zu den einprägsamsten Newcomern der letzten Jahre zählt, im
Alleingang den klassischen Abenteuerfilm wieder beleben zu wollen. Auf Grund
dieses ambitionierten Vorhabens lassen sich auch zwei spektakuläre Stunts
erklären, die relativ offensichtlich aus dem Rechner stammen und dennoch bei
langen THE LORD OF THE RINGS-Filmnächten regelmäßig für Szenenapplaus sorgen. In
THE TWO TOWERS schwingt sich Legolas auf sein Pferd in einer Art und Weise, die
dem Zuschauer in Erinnerung ruft, dass man es hier mit einem Fantasy-Film und
doch nicht mit einem Western zu tun hat. Bei der Schlacht um Gondor darf er
hingegen in einem Alleingang, der stark an Luke Skywalkers Kampf gegen die
gepanzerten AT-ATs in THE EMPIRE STRIKES BACK (USA 1980) erinnert, ein
ausgewachsenes Kriegsmammut ausschalten. Als Ausgleich für die CGI-Unterstützung
demonstriert Bloom seine körperliche Geschicklichkeit mit einem Stunt, in dem
Legolas sein Schild während der Belagerung von Helms Klamm zum Surfbrett
umfunktioniert.
Durch die epischen Ausmaße des dreiteiligen Films kommen auch die treffend
besetzten Nebenrollen zur Geltung. Der potentielle Verräter Boromir, der in der
Vorlage als unsympathischer Krieger und in Bakshis Film als an den Spam-Sketch
von Monty Python erinnernder Wicki-Verschnitt in Erscheinung trat, entwickelt
sich in THE FELLOWSHIP OF THE RING durch Sean Beans Schauspiel zur ambivalenten
tragischen Figur. Sein von David Wenham einfühlsam gespielter, in der Gunst
ihres Vaters stets vernachlässigter Bruder Faramir spielt eine wichtige Rolle in
den beiden folgenden Teilen, die jedoch erst in den um beinahe drei Stunden
erweiterten DVD-Langfassungen der Filme vollständig zur Geltung kommt. John
Noble realisiert ihren Vater Denethor als apathischen, am Rande des Wahnsinns
stehenden Herrscher über Gondor, der in einer der eindrucksvollsten Sequenzen
von RETURN OF THE KING seinen eigenen Sohn auf ein aller Wahrscheinlichkeit nach
tödliches Himmelfahrtkommando schickt, während er selbst in einer
Parallelmontage mit animalischem Gestus ein opulentes Mahl verschlingt. Karl
Urban als unermüdlicher Reiterfürst Eomer und Brad Dourif als hinterhältiger
Intrigant Grima Wormtongue bilden hingegen solide traditionelle Genrefiguren. Es
gehört zu den faszinierenden Absurditäten des Fantasy-Genres, dass jemand mit
dem verräterischen Telling Name Wormtongue, in der deutschen Version mit
Schlangenzunge übersetzt, ernsthaft zum führenden Entscheidungsträger werden
kann, obwohl sein Name eindeutig Programm ist.
Lediglich Liv Tyler als Elbenprinzessin Arwen, die Aragorns um einige
Jahrtausende älteres Love Interest darstellt, kann sich nach einer spektakulären
Einführung in THE FELLOWSHIP OF THE RING in den anderen beiden Teilen nicht
wirklich entwickeln. Nachdem allzu dogmatische Fantasy-Nerds im Internet wegen
Abweichungen von der Vorlage auf die Barrikaden gingen, ließ man sie kurzfristig
doch nicht an der entscheidenden Schlacht um Helms Klamm teilnehmen, obwohl
Tyler bereits Schwertkampfunterricht genommen hatte. Peter Jackson gab zwar
nicht völlig den Forderungen nach den unterentwickelten Frauenfiguren des Buchs
nach, aber Arwens ausgebauter Rolle, in der es immerhin um die Entscheidung
zwischen Glück in der Sterblichkeit oder dem ewigen Leben in Einsamkeit geht,
merkt man dennoch in THE TWO TOWERS und RETURN OF THE KING ihre unfertigen
Momente an. Nachdem der Konflikt anfangs überzeugend skizziert wurde, entwickeln
sich die redundanten Konfrontationen zwischen Arwen und ihrem strengen Vater
Elrond (Hugo Weaving) zu einer Elben-Soap Opera, die Tyler nicht mehr wirklich
Gelegenheit gibt ihre eindrucksvollen schauspielerischen Talente unter Beweis zu
stellen. Cate Blanchett beschränkt sich als Elbenfürstin Galadriel auf einen
interessanten längeren Auftritt gegen Ende des ersten Teils und erscheint in den
anderen beiden Filmen lediglich in kurzen Cameos. Die einprägsamste Frauenrolle,
die bereits im Roman die Nerdismen des Genres durchbrach, kommt daher Miranda
Otto als Eowyn zu, die getarnt in die Schlacht um Minas Tirith zieht. In RETURN
OF THE KING gelingt es ihr den Hexenkönig von Angmar, den Anführer der schwarzen
Reiter und optisch der Darth Vader von Mittelerde (ohne dessen tragischen
Hintergrund), zu besiegen. Glücklicherweise verzichtet Jackson in diesen
Sequenzen völlig auf jene Drag Comedy, die sich bei einer unmittelbaren
Umsetzung der Romanhandlung um die unter falschem Namen als männlicher Krieger
agierende Eowyn ergeben hätte. Stattdessen konzentriert der Film sich in langen
Nahaufnahmen, die einen deutlichen schauspielerischen Gegenakzent zu den
beeindruckenden, sich im Lauf der Trilogie zunehmend steigernden Effekten
markieren, ganz auf die Emotionalität der Szenen. Bernard Hill und Miranda Otto
verleihen dem dramatischen Tod König Theodens im Kampf mit dem Anführer der
schwarzen Reiter eine Intimität, wie sie sich in den pompösen Opfergesten des
Genres sonst kaum findet. Dass die Szene gleich doppelt an die letzten Momente
Darth Vaders in RETURN OF THE JEDI (USA 1983) erinnert, fällt nicht weiter ins
Gewicht. Der Untergang des Witch Kings bildet die optische Parallele, während
der von Jackson sinnvoller weise hinzugefügte Dialog zwischen Eowyn und dem
tödlich verwundeten Theoden gewisse Ähnlichkeiten mit dem letzten Gespräch
zwischen Luke und dem bekehrten Vader aufweist.
In THE FELLOWSHIP OF THE RING wurde die Trennung der Gefährten um eine
wesentliche Szene erweitert. Im Gegensatz zum Roman trennen sich Frodo und
Aragorn nicht aus Zufall, sondern im gegenseitigen Einvernehmen. Aragorn hält
die heranstürmenden Orks auf, während sich Frodo alleine auf den Weg nach Mordor
macht. Merry und Pippin erkennen Frodos Plan und lenken die mörderischen
Uruk-Hai, eine besonders brutale Form der Orkkrieger, vom flüchtenden Ringträger
ab. Faramir lässt Frodo und Sam bei ihrer Begegnung im überrannten Ithilien in
THE TWO TOWERS nicht einfach nach einem verständnisvollen Small Talk
weiterziehen, sondern läuft anfangs Gefahr ihnen den Ring abzunehmen, um damit
den Respekt seines wahnsinnig gewordenen Vaters Denethor zu gewinnen. Erst als
der Ring in der belagerten Stadt Osgiliath beinahe einem schwarzen Reiter
Saurons in die Hand fällt, erkennt Faramir die Gefahr und lässt Frodo im letzten
Moment ziehen. Peter Jackson bedient sich in diesen Sequenzen und erst recht in
den opulenten Schlachten des zweiten und des dritten Teils durchaus pathetischer
Mittel, doch durch die Ernsthaftigkeit seiner Inszenierung und das Engagement
der Schauspieler erscheinen sie stimmig und glaubwürdig. Ergänzungen dieser Art
finden sich in allen drei Teilen und tragen entscheidend dazu bei, dass der Film
in seinem gebrochenen Pathos funktioniert und nicht zum Pythonschen Flying
Circus wird, in dem man sich selbst wenn alle Gliedmaßen abgetrennt wurden nur
auf ein Unentschieden einigen will.
Die martialischen Untertöne des Genres finden sich zwar auch in den THE LORD OF
THE RINGS-Filmen, doch durch die Verwundbarkeit und Menschlichkeit der
Protagonisten werden die reaktionären Risikofaktoren Schicksalsgläubigkeit und
Kämpferethos zurückgefahren. Nicht nur Ian McKellen wies vollkommen berechtigt
auf die Gefahr hin, dass sich der stets etwas zu feierliche und forcierte
Tonfall der Vorlage aus heutiger Sicht wie MONTY PYTHON AND THE HOLY GRAIL (Die
Ritter von der Kokosnuss, GB 1972) anhören könnte. Diese Wirkung vermeidet
Jackson durch die überlegte Intensität der Inszenierung, die ein gekonntes
Wechselspiel zwischen zurückgenommenen und dramatischen Momenten vollführt. In
einem kurzen Dialog zwischen Pippin und Gandalf wird unmittelbar vor der
entscheidenden Schlacht um Minas Tirith über die Sterblichkeit sinniert. Der im
Roman weitaus einfacher gestrickte Gollum erweist sich in den Filmen von Peter
Jackson als gebrochener, mit seiner gespaltenen Persönlichkeit ringender
Charakter. Nicht nur die Zwiegespräche mit seinem im Wasser reflektierten,
eigenen Spiegelbild in THE TWO TOWERS und RETURN OF THE KING betonen diesen
Aspekt. Auch sein Verrat an den Hobbits erscheint durch einen zusätzlichen
kurzen Dialog zwischen Gollum und Frodo, in dem es noch einmal um die Macht des
Rings geht, vielschichtiger als in der Vorlage.
Die Dramaturgie des Films erweist sich, selbst im schwierigen Mittelteil THE TWO
TOWERS als stringenter und durchdachter als im Roman. Tolkien verfasste seine
Geschichte im Stil einer imaginären historischen Chronik. Jackson, Walsh und
Boyens hingegen montieren die sich zeitweise in bis zu vier Handlungsstränge
aufteilende Saga um die voneinander getrennten Gefährten parallel, ohne dabei
den Überblick zu verlieren. Eines der schönsten Beispiele für eine verpasste
Suspensekonstruktion stellt im Roman die Treppe von Cirith Ungol dar. Zu Beginn
des dritten Teils treffen Gandalf und seine Begleiter in Minas Tirith auf
Faramir. Dieser berichtet von seiner Begegnung mit Frodo und dass dieser den
gefährlichen Weg über Minas Morgul, die Stadt der schwarzen Reiter nehmen wolle.
Der Zauberer und seine Freunde zeigen sich sichtlich entsetzt von diesem Plan
auf Grund der unberechenbaren Gefahren, die in dem verfluchten Tal an der Grenze
Mordors lauern. Dass es sich bei diesem unheimlichen Grauen um eine Riesenspinne
namens Shelob, bzw. Kankra handelt, an die Gollum Frodo und Sam verraten hat,
weiß der Leser jedoch bereits seit Ende des zweiten Bandes. Jackson arrangierte
die Szenen auf geschickte Weise um und verlegte den Angriff von Tarantulas
Urahnin in die Mitte des dritten Films, so dass die verspätete Warnung noch vor
Frodos unfreiwilligem Aufenthalt in der Spinnenhöhle erfolgt. Neben Gollum
stellt die ausgesprochen realistisch geratene und kaum mehr an ihre Verwandten
aus den Annalen des Trashkinos erinnernde Kreatur Shelob am eindrucksvollsten
die künstlerischen Talente von Jacksons Effektwerkstatt WETA unter Beweis, die
mittlerweile zu den stärksten Konkurrenten von George Lucas Firma ILM zählen.
Bereits vor Beginn der Dreharbeiten betonte Peter Jackson immer wieder in
Interviews, dass er kein Interesse an den Klischees des Genres habe, sondern
einen realistischen Look erzielen wolle. In unaufdringlicher Form verfolgt er
eine überlegte Farbdramaturgie, die von den satten Grüntönen des Auenlandes, der
herbstlichen Atmosphäre der verschwindenden Elbenkultur und den düsteren Minen
von Moria in THE FELLOWSHIP OF THE RING über die düsteren Grau- und Blautöne von
THE TWO TOWERS bis hin zur warmen Farbpalette von RETURN OF THE KING reicht.
Statt Zauberduellen mit blauen Lichtblitzen und stilisierten
Märchenlandschaften, setzt er die phantastischen Szenarien mit den Mitteln eines
Historienfilms um. Der von ihm mit Hilfe eines familiären Teams an Designern,
unter ihnen die bekannten Tolkien-Illustratoren John Howe und Alan Lee, für das
Fantasygenre erzielte Effekt erinnert an jene Veränderungen, die George Lucas
mit den abgenutzten Raumschiffen aus den ersten drei STAR WARS-Filmen (USA
1977-1983) und Ridley Scott mit der fliegenden Raffinerie aus ALIEN (GB/USA
1979) für das Science-Fiction-Genre bewirkten. Die ästhetische Umsetzung bezieht
ständig die spektakulären Landschaften Neuseelands ein, von schneebedeckten
Gletschern über weite Ebenen, auf denen die Reiter von Rohan wie die Kavallerie
des Westerns dahinziehen, bis hin zu idyllischen Wiesenlandschaften, in denen
bereits ein Jahr zuvor das Hobbtiland angelegt wurde. Bis zu Beginn der
Dreharbeiten waren die Bauten entsprechend überwuchert und milderten dadurch den
Verdacht, dass es sich beim Auenland eigentlich um die prähistorische Variante
der Heimat der Teletubbies handelt. Die flüssige Montage verbindet Aufnahmen vor
echten Kulissen mit Panorama-Einstellungen, in denen CGI-Kreaturen und Bauten
eingefügt wurden, ohne dass die räumliche Illusion durch unglaubwürdige Effekte
zerstört werden würde. Wenn in RETURN OF THE KING in einer ergreifenden Sequenz
vor einem Alpenpanorama die Leuchtfeuer Gondors entzündet werden und Aragorn in
der real nachgebauten Hauptstadt Rohans auf den durch dieses Signal
übermittelten Hilferuf der weitgehend aus den Computern der neuseeländischen
Effektschmiede WETA generierten Stadt Minas Tirith reagiert, erfolgt das
Zusammenspiel von digitalen und echten Hintergründen reibungslos.
In der im Vergleich zu anderen Genres noch überschaubaren Geschichte des
Fantasy-Films ließe sich Jacksons Inszenierungsweise am ehesten noch mit John
Boormans EXCALIBUR (GB 1981) und Ridley Scotts LEGEND (GB 1985) vergleichen.
Insgesamt wird seine eindrucksvolle und visionäre Machart einen ähnlich
nachhaltigen Einfluss auf das Genre ausüben, wie es die STAR WARS-Filme vor
fünfundzwanzig Jahren taten. Der Einsatz der Special Effects wird systematisch
gesteigert, ohne deshalb in die Nähe einer Nummernrevue zu geraten. Vielmehr
ergibt sich die Logik der Effekte aus dem Aufbau der Handlung. Die schwarzen
Reiter werden in THE FELLOWSHIP OF THE RING als unheimliche an die
Schauerromantik angelehnte verlorene Seelen eingeführt, in den folgenden beiden
Teilen treten die auch Nazgul genannten Schreckensgestalten als mit geflügelten
Sauriern ausgestattete Kampftruppe in Erscheinung. In der Mitte von THE TWO
TOWERS sieht man erstmals flüchtig jene gigantische Mischung aus Mammut und
Elefant, die in RETURN OF THE KING als entscheidende Waffe in der Schlacht um
Minas Tirith zum Einsatz kommt. Auch die immer größere Ausmaße annehmenden
digitalen Armeen geraten nicht zum Selbstzweck, da die Kameraführung in den
entscheidenden Augenblicken immer wieder zu den Protagonisten zurückkehrt. An
einigen Stellen wie dem Einsatz der untoten Armee in RETURN OF THE KING verweist
Jackson indirekt auf die Genregeschichte und die eigene Filmographie. Die
ruhelosen Streitmächte erinnern an die Geister aus seinem Film THE FRIGHTENERS
und werden mit jener wackligen körperlosen Kameraperspektive eingeführt, die Sam
Raimi zu Beginn seines Splatterklassikers EVIL DEAD einsetzte, um die Präsenz
des Übernatürlichen anzudeuten.
Jede Kulisse, allen voran der verfallene Wachtturm auf der Wetterspitze, die
Elbenfestung Rivendell (Bruchtal) und die verlassenen Minen von Moria in THE
FELLOWSHIP OF THE RING enthält im Design Hinweise auf ihre imaginäre
Vorgeschichte. Diese architektonischen Anspielungen liefern das filmische
Äquivalent zu Tolkiens literarischem Zettelkastenprinzip, ohne dass die
Dramaturgie darunter leiden würde. In den Romanen und Erzählungen finden sich
immer wieder Verweise auf das lange zurückliegende erste und zweite Zeitalter
Mittelerdes, dessen Geschichte fragmentarisch im Silmarillion erzählt wird. Ein
wesentlicher Reiz des Mittelerde-Kosmos besteht darin, dass es sich um die
epische Chronik einer mythischen Vorzeit handelt, die selbst wiederum über eine
eigene weit zurückreichende fiktive Mythologie verfügt, die sich in Orten wie
dem verborgenen Elbenreich Lothlorien erahnen lässt. Das Universum von THE LORD
OF THE RINGS, bevölkert von Elben, sprechenden Bäumen, mächtigen Ringen,
Zauberern, untoten Armeen, unheimlichen Monstern und Archetypen aller Art,
erzählt jedoch gleichzeitig auch vom Ende eines mythologischen Zeitalters und
dem Beginn der menschlichen Geschichtsschreibung. Die Zeit der Elben und
Zauberer vergeht mit der Zerstörung des Rings der Macht. Im ausgedehnten Epilog,
der angesichts einer Laufzeit von knapp elf Stunden durchaus angemessen
erscheint, verlassen sie an den Grauen Anfurten Mittelerde, um in das mythische
Land des ewigen Lebens im weit entfernten Westen jenseits des großen Meeres zu
reisen. Seinem realistischen Ansatz entsprechend verzichtet Jackson in diesem
vorletzten Schlussbild auf wuchtige Bilder, auch wenn er auf eine gewisse Form
kitschiger Sentimentalität nicht ganz verzichtet.
Das in der Science-Fiction seit der Etablierung der Mikrokosmen von STAR WARS
und STAR TREK übliche Prinzip des Genre-Patchworks lässt sich in einigen
Aspekten auf die Fantasy und insbesondere THE LORD OF THE RINGS übertragen. Doch
im Gegensatz zu den erweiterbaren, offenen Universen von STAR WARS und STAR TREK
nutzt die Fantasy die Stilformen der Postmoderne in erster Linie, um deren
Zitatgestus zu Gunsten eines vermeintlich organischen Geflechts wieder los zu
werden. Durch das traditionelle Modell der Quest funktioniert THE LORD OF THE
RINGS anfangs nach der Struktur eines Road-Movies, ergänzt um Motive des Gothic
Horrors, die sich sowohl im Auftreten der Nazgul, als auch in der Durchquerung
der Totensümpfe in THE TWO TOWERS und in der Beschwörung der untoten Armee in
RETURN OF THE KING finden. Die Schlachten um Helms Klamm und Minas Tirith
entsprechen den bekannten Mustern des Ritterfilms, während Aragorns verzögerter
Ritt zur Festung wie eine eigenwillige Adaption der klassischen
Western-Ikonographie aussieht. Eine ähnliche Stilvielfalt, die von keltischer
Folklore bis hin zu afrikanischen Instrumenten reicht, bestimmt auch den
Soundtrack von Howard Shore, der nach seinen prägnanten reduzierten Arbeiten für
Regisseure wie David Cronenberg und David Fincher einen unprätentiösen epischen
Score verfasst hat, der auf den handelsüblichen Bombast, der häufig mit dem
Genre assoziiert wird, weitgehend verzichtet.
Das Collageprinzip von THE LORD OF THE RINGS, das Elemente unterschiedlicher
Mythen und Sagen kombiniert, könnte auf den ersten Blick als postmodern
missverstanden werden. Es handelt sich dabei jedoch um eine Gegenstrategie. Im
Unterschied zu Filmen wie Quentin Tarantinos KILL BILL (USA 2003) will THE LORD
OF THE RINGS wieder zu einer authentischen Emotionalität zurück, die unter
anderen Vorzeichen als dem engagierten Nerd- und Fankosmos von Peter Jackson und
seinem aufeinander eingeschworenen Ensemble durchaus problematisch werden und
einen unangenehm martialischen Beigeschmack entwickeln könnte. Doch der
Tolkien-Geek und Splatter-Alt-Hippie, der im nächsten Jahr mit seiner Version
des Klassikers KING KONG (Original von 1933, 1976 schon einmal alles andere als
überzeugend geremaket) ein weiteres langjähriges Lieblingsprojekt in Neuseeland
realisieren wird, lässt wie auch seine Mitarbeiter in den zahlreichen Interviews
und detaillierten Dokumentationen der DVD-Editionen keinen Zweifel daran, dass
es ihnen darum geht die gemeinsame Begeisterung für die Fantasywelt von
Mittelerde filmisch zu vermitteln, ohne dabei jenem vor sich hin polternden
Militarismus zu verfallen, der unterschwellig auch einige Dialoge in den drei
Filmen prägt. Jackson ist ein Filmemacher aus Leidenschaft, der in seiner Arbeit
keinen Unterschied zwischen abenteuerlichen Low-Budget-Produktionen und einem
mit Millionenetat realisierten Fantasy-Abenteuer macht. Diese Sorgfalt und
Energie macht sich in beinahe jeder Einstellung der Trilogie bemerkbar, deren
krönenden Abschluss RETURN OF THE KING als visuell vielseitigster Teil bildet.
Wie beiläufig hat sich Peter Jackson mit seiner eigenwilligen Kombination aus
Fandom und Professionalism in die Filmgeschichte eingeschrieben und für die
nächsten Jahre die Maßstäbe des Fantasykinos definiert.