Das Leben, das Universum und der ganze Rest
The Hitchhiker’s Guide to the Galaxy
Per Anhalter durch die Galaxis
Nicht nur George Lucas besitzt eine Vorliebe für Trilogien mit eigenartigen Merkmalen, beispielsweise dass sie mit der vierten Episode anfangen und man beinahe dreißig Jahre warten muss, um das nebenbei bemerkt sehr gelungene Ende der Vorgeschichte zu sehen. Ein anderer postmoderner Großmeister der sonderbaren Science-Fiction-Trilogien war der 2001 viel zu früh verstorbene Douglas Adams.
Der in den unterschiedlichsten Medien wie Literatur, Internet, Radio und Videospiele aktive Autor aus dem Umfeld von Monty Python verfasste von 1979 bis 1992 den HITCHHIKER’S GUIDE TO THE GALAXY-Zyklus, die einzige Trilogie der Science-Fiction-Geschichte, die aus fünf Teilen besteht. Diesem ebenso lakonischen, wie bissigen Reiseführer über das Leben, das Universum und den ganzen Rest verdankt man nicht nur essentielle Erkenntnisse über die Zahl 42, die lauteste Band im Universum und penetrant gut gelaunte, aufdringliche Bordcomputer, die an gewisse Windows-Hilfsprogramme erinnern. Die philosophischen Absurditäten und der manisch depressive Roboter Marvin, dessen launisches Gemüt hilflose Interfaces in den elektronischen Selbstmord treiben kann, beeinflussten unmittelbar Matt Groenings einfallsreiche, weitgehend unterschätzte Serie FUTURAMA. Der individualistische Anarcho-Roboter Bender teilt mit Marvin das sarkastische Selbstbewusstsein, auch wenn er sich nicht seinen Depressionen hingibt, sondern diese mit krummen Touren, Alkohol und Kochstunden verdrängt. Sowohl bei Adams, als auch bei Groening wird die ehemals phantastische Welt der Zukunft unter den Bedingungen eines abgeklärten, desillusionierten Alltags wahrgenommen. In Adams Trilogie wird die Erde unspektakulär in die Luft gesprengt, um einer intergalaktischen Umgehungsstrasse Platz zu machen. Die Apokalypse, in immer neuen Varianten als Aufhänger für zahlreiche Science-Fiction-Spektakel genutzt, erweist sich als kommerzielles Ausflugsziel, das man im Restaurant am Ende des Universums genießt. Sollte man einmal mit einem der kosmischen Phänomene nicht klarkommen, gibt es immer noch den populären intergalaktischen Reiseführer mit der programmatischen Aufschrift, „Don't Panic.“
Nach diesem Motto versuchten sich auch zahlreiche Fans des Buchs angesichts der Androhung einer Verfilmung durch die nicht gerade für abgründigen Humor bekannten Disney-Studios zu beruhigen. Für das Projekt sprach, dass Douglas Adams bis kurz vor seinem tragischen Tod an dem Film mitarbeitete. Er verfasste das Drehbuch und betreute die Pre-Production. Seine Erfahrungen mit Hollywood kommentierte er in der englischen Zeitung The Guardian mit einem pointierten Vergleich. Die Entscheidungsprozesse in der Traumfabrik wären wie der Versuch ein Steak zu grillen, indem man verschiedene Leute nacheinander das rohe Fleisch anhauchen lässt.
Dass vier Jahre nach Adams Tod das Steak doch noch zumindest leicht angebraten wurde, ohne völlig an Geschmack zu verlieren, überrascht angesichts der langwierigen Produktionsgeschichte des Films.
THE HITCHHIKER’S GUIDE TO THE GALAXY erweist sich als weitgehend gut besetzte, unterhaltsame Sci-Fi-Comedy, auch wenn einige Konzessionen an das Format eines Studiofilms gemacht wurden. Ironischerweise wurden auf diesem Weg wieder genau jene dramaturgischen Konventionen eingeführt, die von Adams in bester Python-Tradition ausgiebig demontiert wurden. Arthur Dent, der im Morgenmantel mit seinem Freund Ford Prefect, der sich überraschend als außerirdischer Reiseschriftsteller entpuppt, nach der Zerstörung der Erde unfreiwillig per Anhalter durch die Galaxis reist, erscheint nicht mehr wie der brütende Stoiker am Rande des Nervenzusammenbruchs, der aus reiner Behäbigkeit in diffizile Situationen gerät. Stattdessen spielt ihn Martin Freeman als einen gutmütigen und schüchternen Tollpatsch, der allen Konventionen einer traditionellen Romantic Comedy entspricht und damit einige absurde Gags der Vorlage verschenkt. Das Problem liegt weniger im Schauspiel Freemans, als in der unpassenden Konzeption der Rolle. Eng verbunden mit dem Remodeling Arthur Dents erscheint ein gewisser Hang zur pointenfixierten, rasanten Slapstick, die gelegentlich die bestechende Absurdität von Adams Einfällen überschattet.
Die von Zooey Deschanel souverän dargestellte Trillian, Freundin des mit Sam Rockwell treffend besetzten chaotischen Aufschneiders, Piraten und galaktischen Präsidenten Zaphod, verwandelt sich im Film in ein klassisches Love Interest. Die Tatsache, dass Arthur ausgerechnet ihr, an die er sich einige Wochen zuvor auf einer Party vergeblich heranmachte, als einziger Überlebender der Erde wieder begegnet, bildet im Roman und der BBC-Fernsehserie aus den frühen achtziger Jahren eine absurde Begebenheit ohne Konsequenzen. Bei Jennings wird daraus nicht nur eine bedeutungsvolle Pointe, sie dient auch als Auslöser für eine Romanze, die so geradlinig verläuft, als wäre sie unter der Aufsicht des berüchtigten Drehbuchgurus und Meister des überraschungsarmen Erzählens Robert McKee konzipiert worden. Praktischerweise erweist sich der im wahrsten Sinne des Wortes doppelgesichtige Raumschiffcaptain Zaphod, der die konsequente Synthese aus Han Solo und Keith Richards verkörpert, als etwas zu selbstsüchtig und so steht dem gemeinsamen Glück Arthurs und Trillians nichts mehr im Weg. Weshalb die Antwort auf das Leben, das Universum und den ganzen Rest 42 lautet, scheint angesichts der Selbstfindung Arthurs nicht weiter von Interesse.
Doch glücklicherweise gelingt es Jennings trotz dieser etwas zu bemühten Annäherung an die Big Budget-Konventionen einiges vom Charme der Adamsschen Vorlage zu retten. Sam Rockwell, Zooey Deschanel und Rap-Poet Mos Def als Ford Prefect gestalten ihre Rollen charismatisch und der manisch depressive Roboter Marvin bleibt weiterhin eine der faszinierendsten Gestalten der neueren Science-Fiction-Geschichte. Für eine Szene holte man sogar den Original-Roboter aus der TV-Serie aus den Lagerhallen der BBC. Im Unterschied zu diesem klassischen Modell weist der gebückte Gang der neuen Marvin-Variante bereits auf die dominante Stimmung dieses komplexen künstlichen Wesens hin.
Wie in der Serie sorgen Auszüge aus dem galaktischen Reiseführer für Anhalter dafür, dass die Erzählung trotz aller Avancen Richtung Mainstream-Format nicht allzu geradlinig verläuft. Die Einschübe über die Widersprüchlichkeit Gottes und dessen Selbstauflösung in einer Wolke aus Logik, vogonische Poesie und eine psychedelische Alternative zu gängigen Hyperantrieben werden als Anspielung auf die Anfänge des digitalen Zeitalters in charmanter Retroästhetik umgesetzt. Die erweiterten Handlungspassagen, die nichts mit Arthurs Selbstfindung zu tun haben, können sich durchaus sehen lassen und bereichern das Universum der Romane auf eine ähnliche Weise wie zwanzig Jahre zuvor das skurrile, von Adams selbst mitkonzipierte Computerspiel, in dem sich die meisten Probleme eben nicht auf die gleiche Art wie in der Vorlage lösen ließen. John Malkovich tritt in einem Cameo als bizarrer Sektenführer und Politiker auf und die mit Hilfe detailfreudiger Puppentricks realisierten Vogonen avancieren mit ihrer Fixierung auf bürokratische Vorschriften zu den zentralen Gegenspielern des Films. Die technischen Möglichkeiten in der Gestaltung surrealer Welten, die in der TV-Serie vor fünfundzwanzig Jahren nur angedeutet werden konnten, werden von Jennings eindrucksvoll genutzt und bieten einen passablen Ausgleich für die Zugeständnisse an konventionelle Charakterisierungen. Die Hyperraumsprünge mit dem Unwahrscheinlichkeitsantrieb, die zeitweise die Crew in Wollpuppen oder sprechende Sofas verwandeln, zeichnen sich durch amüsante Einfälle aus und sogar die Gedankengänge eines aus dem Nichts entstandenen Wals im freien Fall wurden aus der Vorlage übernommen. Indirekt entdeckt der Film über seine visuellen Möglichkeiten auch den Sense of Wonder wieder, dem die Romane überwiegend misstrauten. Die in einer Planetenwerkstatt nachgebaute Erde dient im Film als Anlass für eine dynamische Effektsequenz. Adams nutzte sie hingegen lediglich für einen philosophischen Gag über den Sinn des Lebens, in dem sich die Welt als Subroutine in einem bizarren Computerprogramm zur Erforschung der letzten Fragen entpuppt. Jennings verwendet von Adams lediglich angedeutete Aspekte wie die an BRAZIL (USA/GB 1985) erinnernde vogonische Verwaltungsstruktur als Aufhänger für eigene visuelle Einfälle, die sich nahtlos mit den absurden Szenarien des Romans ergänzen. Abgesehen von den genannten Startschwierigkeiten hat er einen überzeugenden Weg gefunden, den assoziativen Stil Adams auf die Leinwand zu übertragen. Ästhetisch liefert er eine Blaupause für die Verfilmung der weiteren Romane, es wäre jedoch in dramaturgischer Hinsicht zu wünschen, dass diese sich etwas stärker an dem produktiven Chaos der Vorlagen orientieren würden.