Alien vs. Predator
(ursprünglich erschienen in Splatting Image Dezember 2004)
Die Begegnung zwischen dem stilprägendsten Monster der neueren Science
Fiction-Geschichte und einem ehemaligen, ebenfalls sehr populären außerirdischen
Sparring Partner Arnold Schwarzeneggers hat eine lange Vorgeschichte. Eigentlich
ist der Film ALIEN VS. PREDATOR kein überraschendes Gipfeltreffen, sondern eher
eine Art Revanche-Match, nachdem die beiden nicht mehr wirklich unheimlichen
Wesen aus einer anderen Welt in den letzten zehn Jahren schon in mehreren
Videospielen und einer ganzen Serie von Comics gegeneinander angetreten sind.
Auch der Film befand sich, ähnlich wie der letztes Jahr veröffentlichte FREDDY
VS. JASON, seit den frühen 1990er Jahren in Planung. In PREDATOR 2 (USA 1990)
deutete ein Alien-Kopf als Trophäe an Bord des Predator-Raumschiffs bereits an,
dass es schon häufiger zu Begegnungen zwischen den beiden Charakteren gekommen
ist.
Sigourney Weaver hatte angeblich ihre Figur Ripley in ALIEN 3 (USA 1992) sterben
lassen, da sie nichts mit dieser Begegnung der trashigen Art zu tun haben
wollte. Ihre Befürchtungen erwiesen sich als unnötig. Ripley konnte in ALIEN –
RESURRECTION (USA 1997) ihre Wiederauferstehung feiern und ALIEN VS. PREDATOR
wurde außerhalb der Serienchronologie als indirektes Prequel in der heutigen
Gegenwart angesiedelt. Als Vorbild diente neben vergleichbaren früheren
Schaukämpfen zwischen Frankensteins Monster und dem Wolfsmenschen oder King Kong
und Godzilla offensichtlich die Achterbahn-Dramaturgie von James Camerons ALIENS
– THE RETURN (USA 1986). Auch Spuren von H. P. Lovecrafts Erzählung The
Mountains of Madness, über unbegreifliche Mächte aus grauer Vorzeit, die unter
der Antarktis lauern, lassen sich in dem Film erkennen.
Bei der Crossover-Unternehmung zwischen den beiden Fox-Franchises geschieht
endlich, worauf einige Anhänger der ALIEN-Serie seit Jahren gewartet hatten: Die
Aliens kommen auf die Erde. Doch leider bemerkt es niemand außer einer Gruppe
von Forschern, die es als Köder in eine Pyramide unterhalb des ewigen Eises
verschlagen hat. Angeführt wird das Team von einer selbstbewussten
Expeditionsleiterin (Sanaa Lathan), die in ihrer besonnenen und entschlossenen
Art stark an Ripley erinnert, und dem Gründer der in den ersten drei
ALIEN-Filmen omnipräsenten Weyland-Yutani-Company. Die Besetzung des schwer
kranken Millionärs, nach dessen Bild Jahre später der Cyborg Bishop gebaut wird,
mit Lance Henriksen aus ALIENS – THE RETURN und ALIEN 3 schließt den Bogen zu
den Vorgängern. Die Rückkehr Henriksens bildet nur eine von zahlreichen,
geschickt eingebauten und amüsanten Anspielungen auf Standardsituationen und
Catchphrases beider Serien. Lediglich, dass sich das arme Alien Beschimpfungen
wie „You’re one ugly motherfucker!“, einen Satz, den der derzeitige Gouverneur
von Kalifornien eigentlich 1986 dem Predator zudachte, anhören muss, erscheint
etwas unfair. Das Alien stellt wie schon bei Cameron die ultimative Gefahr für
die Menschheit dar, die mit allen Mitteln aufgehalten werden muss. Notfalls auch
in einem Bündnis mit den Predators, die bei ihrem dritten Kinoauftritt zunehmend
an die Klingonen aus STAR TREK erinnern, die trotz all ihrer martialischen
Eigenschaften letztendlich doch für die richtige Sache eintreten.
Produziert wurde der intergalaktische Schlagabtausch erneut von Walter Hill und
David Giler. Diese sorgten seit dem ersten Teil von 1979 dafür, dass die
ALIEN-Serie durch die Regisseure Ridley Scott, James Cameron, David Fincher und
Jean-Pierre Jeunet zum einfallsreichen Auteur-Sci-Fi-Franchise wurde. Auch der
Regisseur von ALIEN 5½ verfügt über einen unverwechselbaren, eigenen Stil, aber
auf eine andere Weise als seine Vorgänger. Mit Arbeiten wie MORTAL KOMBAT (USA
1995) und RESIDENT EVIL (USA 2002) etablierte sich Paul W.S. Anderson als
Experte für Videospiel-Adaptionen. Im Vergleich zu anderen Filmen dieses Genres
wiesen seine Verfilmungen einige handwerkliche Qualitäten auf, aber angesichts
von Konkurrenten wie SUPER MARIO BROS. (USA 1993) und STREET FIGHTER (USA 1995)
ist diese Feststellung nicht unbedingt aussagekräftig. Abgesehen von dem
gelungenen Space-Gothic-Thriller EVENT HORIZON (USA 1997) haben Andersons Filme
immer wieder Schwierigkeiten mit ihrem unausgewogenen Erzähltempo. RESIDENT EVIL
erinnert trotz einiger viel versprechender Ansätze an das Spiel eines Power
Players, der sich in Rekordzeit durch das Game ballert, ohne dass man von der
eindrucksvollen Grafik und der unheimlichen Atmosphäre des verlassenen
Landhauses etwas mitbekäme. Im direkten Vergleich erwiesen sich die sorgfältig
gestalteten RESIDENT EVIL-Spiele in ihren raffinierten Bezügen auf George
Romeros LIVING DEAD-Serie und ihrem soliden Spannungsaufbau als filmischer als
ihre Leinwand-Adaptionen. Umso überraschender erscheint es, dass Anderson
ausgerechnet im von der Kritik weitgehend geschmähten ALIEN VS. PREDATOR zur
Höchstform aufläuft.
Im Gegensatz zu Filmen wie dem gegenüber seinem Vorgänger PITCH BLACK (USA 1999)
stark abfallenden CHRONICLES OF RIDDICK (USA 2004) versucht ALIEN VS. PREDATOR
gar nicht erst eine nicht vorhandene Bedeutungsdimension vorzutäuschen, sondern
bietet spielfreudiges Kino der Attraktionen. Mit sichtlicher Begeisterung
inszeniert Anderson das Duell der Genregrößen als im Gegensatz zur gewöhnlichen
ALIEN-Reihe nicht allzu ernst gemeintes Comic-Event. Diese Strategie erweist
sich als durchaus produktiv, da in den Universen von DC und Marvel Begegnungen
dieser Art ohnehin in regelmäßigen Abständen auf der Tagesordnung stehen. In
diesem Medium trafen die Aliens unter anderem bereits auf Superman und Batman.
Den Spielregeln des Crossovers, die Anderson ähnlich souverän wie Ronny Yu in
FREDDY VS. JASON beherrscht, entsprechend, werden in ALIEN VS. PREDATOR die
Markenzeichen beider Serien integriert und comichaft übersteigert. Die
Alien-Queen erscheint monströser als bei Cameron und Jeunet, und das
Predator-Raumschiff, bei John McTiernan noch ein einfacher Raumjäger, erreicht
beinahe die Ausmaße eines Sternenzerstörers. Dennoch verliert sich Anderson
nicht im ziellosen Bombast wie Stephen Sommers in VAN HELSING (USA 2004),
sondern realisiert ein sympathisches B-Picture im Big Budget-Format. In dem
Bewusstsein, dass die Handlung ohnehin keinen Platz für raffinierte Wendungen
lässt, konzentriert sich der Film ganz auf die detailverliebte Ausgestaltung des
Set Designs und der Actionszenen.
Anderson bezieht Szenarien der Videogames wie den aus verschiedenen antiken
Kulturen zusammengesetzten Tempel in den Film ein, ohne direkt an die virtuelle
Vorlage anzuknüpfen. Er entwirft Situationen wie die sich verschiebenden
(natürlich wieder einmal, wie schon bei RESIDENT EVIL, aus CUBE geklauten) Räume
der unterirdischen Pyramide, die in dieser Form problemlos in die nächste Folge
des Videospiels aufgenommen werden könnten. Dennoch funktioniert ALIEN VS.
PREDATOR als Film eigenständig genug, um nicht ständig den Vergleich mit dem
anderen Medium zu evozieren. Das Gefühl einer aufgezeichneten Zocksession
beizuwohnen stellt sich in keiner Sequenz ein. Anderson erhielt neben der
erfahrenen Betreuung von Walter Hill und David Giler effektive Unterstützung von
den FX-Experten Tom Woodruff und Alec Gillis, die seit 1986 bei den ALIEN-Filmen
mitarbeiten. Wie bei Freddy und Jason, die vielleicht demnächst gegen Bruce
Campbell alias Ash aus der EVIL DEAD-Trilogie antreten werden, deutet das offene
Ende eine weitere Runde in der außerirdischen Champions’ League an. Die
Crossover-Turniere auf der Leinwand und im Videospiel könnten sich zum
Äquivalent eines grell bunten Sonderbands, der außerhalb der regulären Folgen
einer etablierten Comicreihe erscheint, entwickeln. ALIEN 5 wird sich
wahrscheinlich wieder ausgiebiger mit den Ambivalenzen der eigenen Identität und
den Auswirkungen von nicht mehr fassbaren Machtstrukturen beschäftigen. Der
Kurzurlaub in der Antarktis funktioniert hingegen als dynamisches Popcorn-Kino
mit eigenen Qualitäten. Nachdem Anderson jetzt doch noch seinen Groove gefunden
hat, könnte er sich zu einer vernünftigen Alternative zum übersteuerten Bombast
der Bay/Bruckheimer-Factory entwickeln.